«Wir müssen das geradebiegen, was unsere Eltern und Grosseltern verpatzt haben»: Rorschacher Berufsschüler sorgen sich ums Klima
«Was geht uns der Klimawandel an?» Mit dieser Fragestellung haben sich Schülerinnen und Schüler aus fünf Berufsschulklassen beim diesjährigen Politforum des Berufs- und Weiterbildungszentrums Rorschach-Rheintal (BZR) befasst. Das Thema Klimawandel wird in den Medien fast täglich diskutiert und ist an Aktualität kaum zu übertreffen. Anregung zur Debatte gab unter anderem die Klimajugend, aber auch Gespräche mit Schülergruppen trugen zur Themenfindung bei. Für Rektor Rolf Grunauer ist das Politforum eine optimale Gelegenheit, um mit jungen Menschen in einen Diskurs zu geraten.
Der renommierte Klimaforscher der ETH Zürich Reto Knutti eröffnet sein Referat mit den Worten «der Klimawandel ist Realität und der menschliche Einfluss darauf ist eindeutig». Faktenbasiert und ohne Einbezug seiner persönlichen Meinung präsentiert er den rund hundert Teilnehmenden die Ursachen und die gesellschaftlichen Folgen des Klimawandels. Bei der anschliessenden Resonanzrunde kommen die Berufsschüler zu Wort und haben die Möglichkeit, Knutti Fragen zu seinem Vortrag, aber auch zu seiner Klimapolitik und Lebensweise zu stellen.
Politforum fördert Bewusstsein
Einigen Berufsschülern habe der Klimatologe die Augen geöffnet und einen Denkanstoss gegeben. Ein Logistiker sagt:
«Vom Verursacherprinzip habe ich heute das erste Mal gehört.»
Er finde es plausibel, dass die Schweiz mit ihren hohen CO2-Emission im In- und Ausland für umweltrechtliche Massnahmen im Vergleich zu Drittweltländern einen höheren Beitrag zu leisten hat. «Mir ist erst während der Vorbereitungen für das Politforum bewusst geworden, dass der Klimawandel ein Kollektivproblem ist und uns deshalb alle etwas angeht», sagt ein anderer Schüler. Er lobt Knuttis unverblümte und faktenbasierte Präsentation.
Lernende engagieren sich für den Umweltschutz
Auch während der zwei Workshops ist das Engagement der Berufsschüler gross. Interessiert und aufmerksam stellen junge Zierpflanzengärtner im zweiten Lehrjahr der Grünen-Nationalratskandidatin Yvonne Gilli Fragen in Bezug auf ihre politische Motivation und ihr Privatleben. «Wie kaufen Sie ein?», fragt eine junge Frau. «Wie wird man politisch aktiv?», erkundigt sich eine andere.
Die jungen Gärtner freuen sich sichtlich, als sie erfahren, dass Gilli in Besitz eines eigenen Gemüsegartens ist. Ein Lehrling sagt: «Gut, dass Yvonne Gilli ihren Rasen nicht bewässert, das mache ich nämlich auch nicht.»
Er verwende bei der Gartenpflege Mulch, was den Boden feucht halte und somit Wasser einspare. Und was tun die Berufsschüler sonst für die Umwelt? «Ich versuche nachhaltig zu leben, indem ich Lebensmittelverschwendung vermeide und den öffentlichen Verkehr anstatt das Auto nutze», sagt eine Schülerin. Ein anderer sagt: «Abfalltrennung, Flugverzicht und faire Kleidung stehen bei mir ganz oben auf der Liste.»
Die Schüler des Berufs- und Weiterbildungszentrums Rorschach-Rheintal ziehen ein positives Fazit. Lernende auf dem Weg in die Mittagspause sind sich einig: «Wir müssen das geradebiegen, was unsere Eltern und Grosseltern verpatzt haben.» Trotzdem wollen sie nicht mit dem Finger auf jemanden zeigen, sondern gemeinsam an einem Strang ziehen.
Anne-Sophie Walt - St. Galler Tagblatt