Thurgauer Logistik-Lernende werden künftig in Arbon statt Rorschach ausgebildet: Der Rektor des Berufszentrums ist «irritiert»
Der Kanton Thurgau will Kompetenzen bündeln und die Profile seiner sieben Berufsschulen schärfen. Um in Zukunft gut aufgestellt zu sein, sollen sich die Berufsfachschulen zu «starken Kompetenzzentren» im Bereich der beruflichen Grundausbildung und Weiterbildung entwickeln.
Die geplante Neuzuteilung der Berufe im Kanton hat auch Auswirkungen auf das Berufs- und Weiterbildungszentrum Rorschach-Rheintal (BZR). Derzeit werden in Rorschach rund 800 Logistikerinnen und Logistiker in zwei- und dreijährigen Lehren ausgebildet. Künftig sind es 200 Berufsschüler aus dem Thurgau weniger. Sie sollen neu am Berufsbildungszentrum in Arbon unterrichtet werden.
Lehrgang dort abschliessen, wo er begonnen wurde
Über den Abzug der Thurgauer Logistiklernenden ist BZR-Rektor Rolf Grunauer «irritiert und nicht sehr erfreut». Denn der Standort Rorschach habe sich in der Grund- wie auch in der Weiterbildung während Jahren zu einem Kompetenzzentrum für Logistik mit der ganzen Ostschweiz als Einzugsgebiet entwickelt. Grunauer sagt:
«Es fragt sich, wie sinnvoll es ist, fünf Kilometer von Rorschach entfernt das ganze Know-how und die Strukturen neu aufzubauen, welche wir seit langem an unserer Schule erfolgreich etabliert haben.»
Zwischen den Berufsschulzentren in Rorschach und Arbon finden laut Rektor Rolf Grunauer natürlich Absprachen statt. Es werde keine kurzfristigen Veränderungen geben. Die Ausbildung in Arbon erfolge ab 2023 überlappend mit jener in Rorschach. Personen, die den Lehrgang an der Berufsschule in Rorschach begonnen haben, können diesen auch dort abschliessen.
Laut Grunauer ist die ausserkantonale Beschulung kostenintensiv. Die Umstrukturierung im Kanton Thurgau könne er dahingehend teilweise nachvollziehen. Auf alle Lernenden am BZR Rorschach gesehen, wo insgesamt rund 2500 Personen in der Grundausbildung ausgebildet werden, sei das Ausmass der Abwanderung der Thurgauer Logistiker aber gering. Weiter sei die Umorganisation in Kompetenzzentren komplex. Das habe zur Folge, dass Lösungen nie alle Kriterien und Erwartungen erfüllen können.
Thurgauer Zierpflanzengärtner kommen nach Rorschach
In der Regel wird die Berufsausbildung in der Schweiz kantonsübergreifend organisiert. Feinwerkoptiker zum Beispiel werden in der Deutschschweiz einzig in Rorschach ausgebildet. In der Mitteilung des Departements für Erziehung und Kultur des Kantons Thurgau heisst es, Berufe sollen in den Kanton geholt werden, die aktuell ausserkantonal beschult werden und mittlerweile eine hohe Anzahl Thurgauer Lehrverhältnisse aufweisen. Berufe mit anhaltend tiefen Lernendenzahlen sollen dafür neu nicht mehr im Kanton Thurgau, sondern in einem der Nachbarkantone unterrichtet werden.
Das trifft auf die Zierpflanzengärtner zu: Diese Thurgauer Berufsschüler sollen neu in Rorschach die Berufsfachschule besuchen. Das BZR ist unter anderem ein Kompetenzzentrum für grüne Berufe: das sind beispielsweise Gärtnerinnen, Floristen oder eben Zierpflanzengärtner. Dabei handle es sich allerdings um lediglich 20 Lernende, die keinen Ausgleich für die 200 Logistik-Berufsschüler sind.
Bericht: Jolanda Riedener, St. Galler Tagblatt
Bild: Ines Biedenkapp (14.09.19)